Rede Sonntagsbegegnung "Bayern. Türkei. Die Welt" mit dem türkischen Generalkonsul Hidayet Eris und dem Kabarettisten Django Asül (2013)

Verehrter Herr Generalkonsul Hidayet Eriş, verehrte Frau Jülide Eriş, lieber Django Asül, lieber Herr Dittmann, liebe Gäste,

Hoşgeldiniz und herzlich willkommen zu unserer heutigen Sonntagsbegegnung, schön, dass Sie alle gekommen sind. Ich freue mich sehr, dass wir heute wieder einmal im Franz-Marc-Gymnasium sind.  
Lieber Herr Eriş, lieber Django Asül, und natürlich freuen wir uns vor allem, dass Sie beide zu uns nach Markt Schwaben gekommen sind. Sie werden sich heute austauschen über „Bayern. Türkei. Die Welt“: Der Generalkonsul der Republik Türkei in München im Dialog mit einem der besten Kabarettisten Deutschlands.

Wir treffen uns an diesem Sonntagvormittag und wissen gleichzeitig aus den Nachrichten, dass gestern in der Türkei bei Bombenanschlägen viele Menschen ums Leben gekommen sind. Deswegen wollen wir zu Beginn Ihnen, Herr Generalkonsul, und damit allen Ihren Mitbürgern, unser tiefes Mitgefühl aussprechen.

Und wir sprechen über Bayern und die Türkei in Tagen, in denen in München ein ungewöhnlicher Gerichtsprozess stattfindet. Ungewöhnlich, und beschämend  - auch wegen der großen Fehler, die bereits bei den Ermittlungen und im Vorfeld des Prozesses gemacht wurden. Menschen wurden getötet -  einfach deswegen, weil sie aus einem anderen Land stammen, weil sie eine andere Muttersprache, eine eigene Kultur haben - Ich wünsche mir, dass dieser Prozess nicht nur Recht spricht, sondern wachrüttelt!

Wach dafür, dass inmitten vieler friedliebender Menschen, auch mitten in unserer  Stadt, in unserer eigenen Nachbarschaft… Böses, Menschenverachtendes geschehen kann. Wach dafür, dass wir die Augen auf, statt zu machen, dass wir uns einmischen statt zu schweigen, und vor allem dafür, dass ein Denken und Handeln nach dem Motto „Ich bin ein Inländer, du bist ein Ausländer: also bin ich besser, klüger, wertvoller als du“ nicht nur dumm ist, hirnverbrannt dumm, sondern auch am Anfang eines Verbrechens stehen kann.

Gutes Zusammenleben, wirkliche Gemeinschaft, dauerhafter Friede – Ich glaube, dafür brauchen wir nicht in erster Linie Islam-Konferenzen oder Integrations-Beauftragte. Was wir vor allem brauchen ist, dass jeder von uns einen Schritt auf den anderen zugeht, ihm mit offenem Herzen aus der Nähe begegnet und vielleicht zuerst ahnt, dann spürt, schließlich weiß: Mein Kollege aus Frankreich, meine Klassenkameradin aus Afghanistan, mein Nachbar aus der Türkei – ja, ein paar Unterschiede, besondere Farbtupfer, aber eigentlich: Genauso wie ich: Dieselben Sorgen, dieselben Freuden, dieselben Tränen, dasselbe Lachen.

Sie, lieber Herr Generalkonsul, haben mich von unserer ersten Begegnung an  - das war während meiner Zeit als Bürgermeister von Markt Schwaben in der Münchner BMW-Welt – beeindruckt: Nicht nur durch kluge und mutige Reden, auch mit Ihrer Gastfreundschaft, Ihrer großen Bildung, mit Ihren musikalischen Talenten. Mit großem Respekt erinnere ich mich an den letzten Jahrestag zur Gründung der Republik Türkei in Schloss Nymphenburg, bei dem Sie mit einem tollen Programm die Türkische und die Bayerische Kultur zusammengeführt haben. Aber Sie sind nicht nur vertraut mit der Türkei, mit Bayern – Sie kennen die Welt:
Auf Ihrem bisherigen Diplomaten-Weg hat es längere Stationen in Straßburg gegeben, in Kenia, im Iran, in Bosnien, in den Niederlanden. Sie sind gestern erst spät in der Nacht aus Berlin zurückgekehrt, vorzeitig von einem wichtigen Treffen mit dem Türkischen Außenminister, eigens für unsere Veranstaltung. Dafür danken wir Ihnen sehr. Wir freuen uns, dass Sie und Ihre Frau heute bei uns sind, herzlich willkommen in Markt Schwaben.

Sie, lieber Django Asül, Herr Bagişlayici, sind bereits gestern Nacht nach Markt Schwaben gekommen, direkt nach Ihrem Auftritt bei der Meisterschaftsfeier des FC Bayern München. Die Art, wie Sie Kabarett machen, wie Sie Dinge auf den Punkt bringen, erklären, übersetzen, wie Sie Ernst und Witz, Vordergrund und Hintergrund, Bayern und Türkei, miteinander in Berührung bringen - das   halte ich für etwas Besonderes. Ihr aktuelles Programm Paradigma habe ich in Schliersee kennengelernt, vor allem die Gedanken des Türkischen Freundes Ihres Vaters konnte ich gut verstehen.
Sie haben auch Berührungen mit  Sport, waren einmal Tennis-Lehrer, schreiben Fußball-Kolumnen. In Ihrem Lebenslauf halten Sie als Stufe I zum Kabarett-Diplom fest: 1982 Übertritt an ein Bayerisches Gymnasium. In einem solchen sind wir auch heute, die Stufe I haben Sie inzwischen längst überstiegen. Wir danken Ihnen sehr, dass Sie trotz Ihres vollen Tournée-Kalenders heute bei unserer Schwabener Sonntagsbegegnung mitwirken. Herzlich willkommen.

Jetzt freuen wir uns auf zwei bayerische Begrüßungs-Lieder, vorgetragen von Chorkindern des Franz-Marc-Gymnasiums unter der Leitung von Theresia Rothenaicher. Beim anschließenden Dialog wird durch Sie, lieber Herr Generalkonsul, auch ab und zu der Flügel, der hier oben steht, erklingen. Sükrü Akcelik wird Ihre Wortbeiträge übersetzen. Danach werden Hackbrett, Kontrabass, Gitarre und Ziehharmonika zu hören sein, vielleicht auch ein paar Fragen aus dem Publikum.

Beginnen soll unser Hauptteil aber mit dem Klang der Türkischen Sprache, mit einem Gedicht des Poeten Orhan Veli. Er hat gelebt von 1914 bis 1950.

GÜN OLUR: Es kommt der Tag

Gün olur, alır başımı giderim,
Denizden yeni çıkmış ağların kokusunda.

Şu ada senin, bu ada benim,
Yelkovan kuşlarının peşi sıra.

Dünyalar vardır, düşünemezsiniz;
Çiçekler gürültüyle açar;
Gürültüyle çıkar duman topraktan.

Hele martılar, hele martılar,
Her bir tüylerinde ayrı telaş!...

Gün olur, başıma kadar mavi;
Gün olur başıma kadar güneş;
Gün olur, deli gibi... .

und jetzt die Chorkinder auf Bayerisch…