Rede zum Volkstrauertag "Wieder Hinschauen" (2002)

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

wir kommen heute am Vorabend des Volkstrauertages zusammen, um miteinander unserer Toten zu gedenken. Wir denken besonders an die Menschen, die den beiden Weltkriegen zum Opfer fielen und an die Menschen in der Welt, die in anderen Kriegen ihr Leben lassen mussten.

Volkstrauertag, das ist ein Tag der Besinnung, der Mahnung, ein Tag der Trauer: Wir wollen Anteil nehmen am Schmerz derer, die einen lieben Menschen verloren haben und mitfühlen mit dem Leid, das auch heute und in diesem Augenblick Menschen in aller Welt trifft.

Jeder von uns hat schon einmal mit dem Verlust eines ihm nahestehenden Menschen fertig werden müssen. Darum wissen wir aus eigener Erfahrung, wie schwer es oft ist, wieder einen Weg zurückzufinden aus der Trauer. Und wir wissen, wie gut es tut, wenn jemand an unserem Leid Anteil nimmt.

Dabei ist es in unserer heutigen sogenannten Spaßgesellschaft scheinbar leicht geworden, wegzuschauen. Wegschauen, wenn es um das Leid anderer, aber auch wenn es um unsere eigene Trauer geht: Wir fliegen nach Mallorca und auf die Bahamas, verlieren uns in der Bilderwelt des Internet, hetzen von Termin zu Termin, von Spaß-Spektakel zu Fun-Event.

Aber: Haben wir noch Zeit für unsere Kinder, sprechen wir noch mit ihnen über ihre Sorgen? Kennen wir noch unseren Nachbarn, bemerken wir wenn er länger krank ist? Liegt uns noch etwas an unserer Gemeinde, helfen wir mit, dass sie am Leben bleibt und nicht zur grauen Schlafstadt wird? Und: Gehen wir noch manchmal auf den Friedhof und denken an unsere Verstorbenen, oder wollen wir davon nichts mehr wissen?

Vielleicht kann der Volkstrauertag Anlass sein, wieder hinzusehen auf das, was wichtig ist: Wir Menschen sind nicht allein, wir gehören zusammen: in der Familie, in Markt Schwaben, in der ganzen Welt. Und die, die schon von uns gegangen sind, sie gehören dazu. Wir werden sie nicht vergessen.

Ich danke Ihnen.