Rede zum 30-jährigen Jubiläum der Bürgeraktion Pfersee (2012)

Liebe Mitglieder und Freunde der Bürgeraktion Pfersee,

gerne bin ich heute bei Ihnen. Ich freue mich, dass Sie – neben dem Augsburger Bürgermeister und der Pferseer Landtagsabgeordneten – auch mich um ein Grußwort zu Ihrem 30-jährigen Jubiläum gebeten haben. Als Mitglied der Bürgeraktion, das seine ersten 21 Lebensjahre hier verbracht hat, dann zum Studieren nach München gezogen ist und inzwischen seit ebenfalls 21 Jahren 90 Kilometer östlich von Pfersee in Markt Schwaben (davon 9 Jahre als Bürgermeister) lebt, tue ich dies vor allem mit einem großen Gefühl der Dankbarkeit: Dankbar, dass es in Pfersee seit nunmehr 30 Jahren eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern gibt, die sich um unseren Stadtteil kümmert, die ihn bewahrt, ihn voranbringt.

Pfersee - das sind für mich zum einen Erinnerungen an Kindheit und Jugend: an meine Elternhäuser in der Ludwig-Thoma-Straße und in der Höggstraße, an die Hans-Adlhoch-Schule, die Herz-Jesu-Kirche, den Westfriedhof, an den Mühlbach, das Gögginger Wäldle und die Wertach, an Pfadfinder und Fußballturniere, an Kinderspiele und Kastanienbäume… .

Und Pfersee bedeutet mir auch heute noch viel: Meine Mutter, meine Schwester, Freunde und Schulkameraden aus alter Zeit leben hier; bei meinen Besuchen gehe ich gerne ins Café Schenk, finde etwas Nützliches im Kaufhaus Konrad, schlendere auf alten vertrauten Wegen. Mit offenen Augen: Neben Schönem sehe ich auch, dass an der Hauptstraße viele Geschäfte leer stehen, vermisse die Goggeles-Brücke, mache mir Sorgen um die Radfahrer und Gedanken über das allzu schnelle Wachstum meines Stadtteils…  . Schlaflose Nächte habe ich trotzdem nicht: Ich weiß, es gibt die Bürgeraktion, Menschen, die mit wachen Sinnen und Tatkraft auf Pfersee aufpassen.

Der Name „Bürgeraktion“ ist ein guter Name. Bei meinem Grußwort bei der 25-Jahr Feier im Jahr 2007  habe ich etwas zum zweiten Teil dieses Namens („Aktion“: nicht nur reden und planen, sondern etwas tun) gesagt. Heute nehme ich den  „Bürger“ als Stichwort und zwar mit einem Gedicht von Gottfried August Bürger, geschrieben im Jahr 1775, also mehrere Jahre vor der Französischen Revolution: „Der Bauer. An seinen Durchlauchtigen Tyrannen“. Ein Gedicht, in dem ein Bauer seinen tyrannischen Herrscher anklagt und die absolutistische Willkürherrschaft kritisiert. Wenn wir ein bisschen übertreiben wollten, könnten wir den Titel auf heute bezogen vielleicht so formulieren: „Der Bürger. An seine Durchlauchtige Stadtverwaltung“.

Der Bauer. An seinen Durchlauchtigen Tyrannen

Wer bist du, Fürst, daß ohne Scheu
Zerrollen mich dein Wagenrad,
Zerschlagen darf dein Roß?

Wer bist du, Fürst, daß in mein Fleisch
Dein Freund, dein Jagdhund, ungebleut
Darf Klau'und Rachen hau'n?

Wer bist du, daß, durch Saat und Forst,
Das Hurra deiner Jagd mich treibt,
Entatmet, wie das Wild? —

Die Saat, so deine Jagd zertritt,
Was Roß und Hund und Du verschlingst,
Das Brot, du Fürst, ist mein.

Du Fürst hast nicht, bei Egg' und Pflug,
Hast nicht den Erntetag durchschwitzt.
Mein, mein ist Fleiß und Brot! —

Ha! du wärst Obrigkeit von Gott?
Gott spendet Segen aus; du raubst!
Du nicht von Gott, Tyrann!

Auch in  diesem Sinne wünsche ich der Bürgeraktion Pfersee weiter viel Kraft und Gottes Segen.